Henri

Besetzung Henri, Lützner Str 99 – Eröffnung der Autonomen Besetzungstage Leipzig (ABeTa)

Wir haben ein Haus besetzt!

Am 10.10. haben wir im Anschluss an die Kundgebung *Gemeinsam gegen Mietenwahnsinn, Verdängung und Vereinzelung* beschlossen, uns ungenutzten Wohnraum zurück zu erobern und die Henri in der Lützner Straße 99, direkt an der Haltestelle Henriettenstraße, zu besetzen. Wir wollen damit auf die immer weiter fortschreitende Gentrifizierung der Stadt, besonders des Leipziger Westens, und die dramatische Lage auf dem Wohnungsmarkt hinweisen.

Außerdem eröffnen wir hiermit die Autonomen Besetzungstage Leipzig!
Wir rufen alle in Leipzig dazu auf, Aktionen gegen Gentrifizierung, Verdrängung und Spekulation zu starten und sich darüber hinaus miteinander zu verbünden. Besetzt Häuser, besucht eure Vermieter*innen, weist auf anti-Obdachlosen-Architektur hin, markiert Leerstand und kommt bei der Henri-Besetzung vorbei!

Denn das Thema Wohnen ist existenziell und immer aktuell. In ganz Leipzig suchen Menschen nach neuem Wohnraum, andere werden von den steigenden Mieten aus ihren langjährigen Wohnungen in die Wohnungslosigkeit verdrängt. Mietschulden sind die häufigste Ursache von Wohnungslosigkeit. Diejenigen, die schon ohne festen Wohnort sind, verlieren zusätzlich durch die massiven Fördergeldkürzungen im sozialen Bereich das bisschen Unterstützung, das ihnen Einrichtungen geben können.

Das System, das hinter der Gentrifizierung steckt, bedroht außerdem nicht nur unsere eigenen Wohnräume. In den letzten Jahren wurden bereits viele Orte, an denen wir uns begegnen, austauschen, bilden oder zusammen feiern konnten, verdrängt. An ihrer Stelle sind nun teure Cafes, Büroflächen oder Luxuswohnungen.

Weil wir uns nicht darauf verlassen können, dass uns von staatlicher Seite geholfen wird, haben wir beschlossen, die Dinge selbst in die Hand zu nehmen. In der Henri wollen wir solidarisch finanzierten und bedingungslos vorhandenen Wohnraum schaffen. Einen Teil des Hauses wollen wir öffentlich nutzbar machen: Hier sollen Vereine Platz finden, die sich ohne Fördergelder ihre Räumlichkeiten/Büros nicht mehr leisten können. Im Erdgeschoss soll ein Raum entstehen, in dem die Nachbarschaft zusammen kommen kann.

Neben der Eingangstür der Henri hängt eine Plakette, die an Klaus R. erinnert, der im Mai 1994 in seiner Wohnung auf der Lützner Straße von vier Neonazis ermordet wurde. Er wurde immer noch nicht als Opfer rechtsextremer Gewalt anerkannt, obwohl die sozialdarwinistischen Motive und rechte Gesinnung der Täter bekannt sind. Wir fordern deswegen nicht nur gerechten Wohnraum, sondern auch Gerechtigkeit für alle Betroffenen von rechtsextremer Gewalt und wollen in Gedenken an Klaus R. eine Wohnung in der Henri als Schutzraum für Betroffene rechtsextremer Gewalt zur Verfügung stellen. 

Da besonders in den letzten Jahren queere Menschen immer stärker in den Fokus rechter Gewalt rücken, möchten wir eine weitere Wohnung als Schutzraum für trans*-, inter-, agender- und nichtbinäre Personen nutzen.

Wir laden euch ein, zur Besetzung zu kommen und euch zu beteiligen. Freut euch auf weitere Infos! Außerdem laden wir die Stadt Leipzig und den*die Eigentümer*in zu Verhandlungen über die Nutzung des Hauses ein. Wir freuen uns auf den Austausch!

Nutzungskonzept

Wir haben die Henri in der Lützner Straße 99 besetzt, weil wir im Leipziger Westen wieder bezahlbaren Wohnraum und solidarische Nachbarschaftsräume brauchen. Unsere Gedanken zur Nutzung des Hauses haben wir in einem Nutzungskonzept zusammengefasst. Wir sind offen für Verhandlungen mit der Stadt und der*dem Eigentümer*in des Hauses und laden beide dazu ein, für einen offenen Austausch zur Besetzung zu kommen.

Die Räumlichkeiten im Erdgeschoss möchten wir für alle öffnen. Sie können als Nachbarschaftscafé genutzt werden, in dem Anwohner*innen sich aufhalten können. Es gibt Platz für eine Gemeinschaftsküche und Räume für Veranstaltungen und zum gemeinsamen Arbeiten.

Der Dachboden soll teilweise ebenfalls zum Arbeiten genutzt werden. Wir möchten die Räume beispielsweise Vereinen zur Verfügung stellen, deren Existenz durch die massiven Kürzungen von Fördergeldern im sozialen Bereich bedroht ist.
Eine Wohnung soll als Schutzraum für Betroffene von rechtsextremer Gewalt gestaltet werden. Wir möchten dies in Gedenken an Klaus R. machen, der im Mai 1994 in seiner Wohnung in der Lützner Straße von vier Neonazis ermordet wurde. Eine Plakette, die daran erinnert, hängt neben der Eingangstür der Henri.
Weil schon immer, aber vor allem in den letzten Jahren queere Menschen immer mehr in den Fokus rechtsextremer Gewalt rücken, wollen wir auch einen Schutzraum für trans*-, inter-, agender- und nichtbinäre Personen schaffen. Eine Wohnung in der Henri kann dafür Notfallschlafplätze, Beratungsplätze und Aufenthaltsräume bieten.

Vor allem aber soll das Haus dafür da sein, wofür es gebaut wurde: zum Wohnen. Hier sollen Menschen Platz finden, die auf dem Wohnungsmarkt diskriminiert werden. Eine Wohnung soll als kurzfristig nutzbare Notfallwohnung dienen, die anderen sollen auch langfristig bewohnt werden können.

PM: Besetzung in der Lützner Straße – Aktionswoche Autonome Besetzungstage: Gemeinsam gegen Gentrifizierung, Mietwucher und Verdrängung!

Am Abend des 10.10.2025 wurde in der Lützner Straße 99 in Leipzig ein Haus besetzt, um auf steigende Mieten, Verdrängung und die desolate Lage auf dem Leipziger Wohnungsmarkt aufmerksam zu machen. Die Besetzung eröffnet die „Automonem Besetzungstage – Gemeinsam gegen Gentrifizierung, Mietwucher und Verdrängung!“ Die Nachbarschaft ist eingeladen, vor Ort ins Gespräch zu kommen und sich selbst ein Bild zu machen.

Auf dem Leipziger Wohnungsmarkt spitzt sich die Lage jedes Jahr immer weiter zu. Die Stadt ist durch ihre attraktive Mischung aus Universitätsstandpunkt, Kultur, alternativer Szene und direkter Lage zu Natur und Seenlandschaft eine der zuzugsstärksten in ganz Deutschland. Entsprechend wird neuer Wohnraum und Sanierung alter Bestände dringend benötigt. Das Problem: steigende Mieten, Luxussanierungen und Neubauten zu horrenden qm-Preisen führen zur Verdrängung und aktiven Entmietung von alteingesessenen Mieter*innen, durch Corona geschwächte Kunst- und Kulturstätten und letztlich den alternativen Freiräumen, der die Stadt ihren Zuzugsboom überhaupt erst verschafft haben. 

„Die Stadtverwaltung begünstigt diese Vorgänge der Gentrifizierung nur noch, indem sie lieber hochmoderne Megaprojekte wie das Lene-Voigt-Karree, die ehemalige Karl-Krause-Fabrik oder die zum Glück vorerst gescheiterte Privatschule auf dem Jahrtausendfeld durchdrückt“, sagt Alex, eine*r der Besetzer*innen in der Lützner Straße. Alex fügt hinzu: „Man sollte dabei auch nicht vergessen, dass diejenigen, die als erstes von unbezahlbaren Mieten betroffen sind, meistens die sind, die sowieso den Kürzeren ziehen: Menschen mit Ost-Biographie, migrantische bzw. migrantisierte Personen, Leute ohne festen Wohnsitz und auch die, die sich eh schon jeden Tag bei schlecht bezahlten Jobs ihre Rücken krumm schuften.“ Es mache Alex fassungslos, zu beobachten, wie schnell sich die Stadt in den letzten 10 Jahren verändert habe. Leerstand, der zur Spekulation genutzt werde, gebe es trotz der drängenden Lage dennoch fast in jedem Viertel.

Das sei auch der Grund, wieso Aktivist*innen zur AktionswocheAutonome Besetzungstage – Gemeinsam gegen Gentrifizierung, Mietwucher und Verdrängung!“ aufgerufen und heute Abend das Gebäude in der Lützner Straße besetzt haben. Der Wunsch sei, durch die Aktion „Alternativen zur dramatischen Lage auf dem Wohnungsmarkt“ zu schaffen, wie es auf einem Flyer, der an die Nachbarschaft verteilt wurde, heißt. In der ‚Henri‘, wie die Besetzer*innen die Häuser getauft haben, „sollen Menschen ohne Angst vorm Vermieter leben können.“

Ein Nutzungskonzept, das auf dem Blog der Gruppe veröffentlicht wurde (https://abeta.noblogs.org/nutzungskonzept/ ), schlägt vor, im Erdgeschoss ein Nachbarschaftszentrum mit Café, Gemeinschaftsküche und Veranstaltungsräumen einzurichten. In den Räumen darüber sollen günstige Wohnungen entstehen. Außerdem seien Schutzräume für tian* (trans-, inter-, agender und nichtbinäre) Personen und für Betroffene von rechtsextremer Gewalt geplant. Mit letzteren wolle man Klaus R. gedenken, der im Mai Mai 1994 in seiner Wohnung in der Lützner Straße durch Neonazis ermordet wurde und für den eine Gedenktafel am Haus hängt.

Wichtig sei ihnen dabei, dass es bei der Aktion auch um die Menschen im Viertel gehe. „Wir machen das ja nicht aus Spaß, sondern für die Menschen, die hier leben.“, erzählt Anouk, eine*r der Besetzer*innen. „Alle Anwohner*innen sind herzlich willkommen, beim Haus vorbeizuschauen und mit uns ins Gespräch zu kommen und ihre Ideen mit uns allen zu teilen. Wir wollen als Gruppe nicht bestimmen, was hier passiert, sondern wünschen uns einen gemeinsamen Prozess. Zu diesem laden wir auch den*die bisher unauffindbare Hauseigentümer*in und die Stadt Leipzig ein.“

Pressemittteilung Räumung 10.10.

Am 10.10.2025 wurde in der Lützner Str. in Leipzig die Besetzung ‚Henri‘ nach sechseinhalb Stunden durch die Polizei geräumt. Die Polizei behandelte drei Menschen erkennungsdienstlich. Unterstützer*innen begleiteten die Räumung während der gesamten Zeit solidarisch. Die ABeTa gehen jedoch weiter.

Nachdem die Besetzung am Freitagabend, 10. Oktober, öffentlich geworden war, fanden sich etwa 80-100 Menschen vor den Türen der Lützner Str. 97-99 im Leipziger Westen zusammen, um ihre Unterstützung zu zeigen und das zukünftige Projekt kennenzulernen. Es gab Redebeiträge aus dem Haus, warme Suppe und nettes Zusammensitzen bis spät in die Nacht. Eine Kundgebung wurde vor dem Haus angemeldet und blieb bis in den späten Abend rege besucht.

Gegen 20 Uhr kamen die ersten Streifenwagen. Auch die Polizei wollte erste Schnappschüsse von der Henri haben. Schnell vermehrte sich Team Blau auf circa eine Hundertschaft mit Einsatzkräften aus Sachsen und Sachsen Anhalt. Neben den schon normal wirkenden Räumungsgerätschaften, kam auch eine größere Drohne zum Einsatz. Diese sollte die Beamt*innen für einige Zeit beschäftigen, da sie selber nicht zu wissen schienen, wie genau damit umzugehen ist, kam sie dann doch gar nicht zum Einsatz. Es wurde sich dann doch lieber wieder nach alter Manier mit Eisen- und Brechstangen durch die Häuser und Gärten von angrenzenden Bewohner*innen der Henri geschlagen. Die Anwohner*innen waren auch nicht wirklich begeistert, die Einheiten im Haus zu haben. Teilweise wurde ihnen der Zugang zum eigenen Hinterhof verwehrt und sie wurden körperlich durch den halben Hausflur geworfen. Die Räumung erfolgte ohne vorherige Kontaktaufnahme zu den Besetzer*innen und damit wurde auch keine Zeit für Verhandlungen eingeräumt, obwohl bereits mit der Veröffentlichung bekannt geworden war, dass die Aktivist*innen ausdrücklich zu Gesprächen bereit gewesen sei. Gegen 0:40 Uhr war ein Großteil des Einsatzes abgeschlossen und die drei Personen von der Henri wieder frei.

Die Räumung wird als überzogen bewertet. Der Fimmel der sogenannten Leipziger Linie, die nach dem Vorbild der Berliner Linie vorsieht, alles innerhalb von 24 Stunden nach Bekanntwerden der Besetzung zu räumen, kam auch bei der Henri zum Tragen. Schnell, gezielt und aggressiv gingen die Beamt*innen bei der Räumung vor.

Die Gebäude standen jahrelang leer, während das Viertel selbst mit steigenden Mieten, Gentrifizierungsprozessen und einer Umgestaltung hin zur hippen, neureichen Bummelmeile zu kämpfen hatte. Die ‚Henri‘ hätte es dringend gebraucht, um ein Gegenangebot zur Entwicklung in der Stadt anzubieten. Die Stadt und ihre Polizeibehörden setzten dem jedoch noch am Abend des 10.10. ein jähes Ende, ohne in den Dialog zu gehen.

Die Besetzung ist Teil der Aktionswoche „Autonomen Besetzungstagen – Gemeinsam gegen Mietwucher, Gentrifizierung und Verdrängung!“ gewesen, welche am Freitagabend mit einer Kundgebung im Leipziger Westen unter dem Titel „Die Mieten müssen runter!“ gestartet ist. In Leipzig und darüber hinaus tauchten in den letzten Stunden Solidaritätsbekundungen und Zuschriften zur ‚Henri‘ auf, was auf einen großen Zuspruch zur politischen Idee und Dringlichkeit des Anliegens schließen lässt. Die Besetzer*innen sprachen allen Unterstützer*innen ihren Dank aus und blicken positiv gestimmt auf die kommenden Tage.

Für Presseanfragen etc.: abeta(at)riseup(punkt)net ; Pressekontakt: +49 176 13acht 140 62

Weitere Infos sind auf dem Blog abeta.noblogs.org sowie auf Social Media zu finden (links: linksta.cc/@abeta )